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Kündigung Schweiz: Fristen, Rechte & RAV-Anmeldung (Schritt-für-Schritt)

  • Autorenbild: Christian Henß
    Christian Henß
  • 11. Dez.
  • 13 Min. Lesezeit

Wenn du dein Arbeitsverhältnis in der Schweiz kündigst oder gekündigt wirst, solltest du genau wissen, welche rechtlichen Fristen und Schritte einzuhalten sind, um deine Ansprüche auf Arbeitslosengeld nicht zu gefährden. Ein einziger Fehler bei der Einhaltung der Kündigungsfristen oder der Meldung bei der Regionalen Arbeitsvermittlungsstelle (RAV) kann dazu führen, dass dir wichtige finanzielle Leistungen entgehen. Deshalb ist es entscheidend, dass du die relevanten gesetzlichen Bestimmungen des Obligationenrechts (OR) kennst und diese korrekt anwendest.



In diesem Artikel erfährst du:


  • Kündigungsfristen: Die Dauer richtet sich nach OR und Dienstjahren, wobei im ersten Jahr oft kürzere Fristen gelten.

  • Kündigungsschutz: Bei Krankheit oder Unfall wird die Kündigungsfrist angehalten; eine sofortige Prüfung bei Unterbrechung ist essenziell.

  • Arbeitslosengeld sichern: Melde dich umgehend nach Erhalt der Kündigung bei der RAV an, um Sperrfristen zu vermeiden.

  • Form der Kündigung: Obwohl oft formfrei, sichert die schriftliche Kündigungsform die Beweislage bei Rechtsstreitigkeiten.

  • RAV-Anforderungen beachten: Kooperatives Verhalten und Befolgen der Vorschriften sind nötig, um Kürzungen des Arbeitslosengeldes zu verhindern.


Der Fahrplan zur rechtssicheren Kündigung in der Schweiz


Die Kündigung in der Schweiz ist selten ein emotionsfreier Vorgang, aber sie muss zwingend ein formal korrekter sein. Ein Fehler bei der Einhaltung der Fristen oder der Meldung bei der Regionalen Arbeitsvermittlungsstelle (RAV) kann dazu führen, dass du wertvolle Ansprüche auf Arbeitslosengeld verlierst. Ob du nun selbst kündigst oder gekündigt wirst – du benötigst einen klaren Fahrplan, um rechtlich abgesichert zu sein und keine bösen Überraschungen zu erleben.


Dieser Artikel liefert dir eine präzise, schrittweise Anleitung, um die rechtlichen Fallstricke zu vermeiden. Wir klären, wie sich die Kündigungsfristen nach dem Obligationenrecht (OR) staffeln, wann der Kündigungsschutz bei Krankheit greift und welche sofortigen Massnahmen notwendig sind, um deinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht zu gefährden. Darüber hinaus beleuchten wir, welche Schutzmechanismen dir während besonders sensibler Phasen – etwa bei Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft – zur Verfügung stehen.


Lass uns die essenziellen rechtlichen Schritte durchgehen, damit du den Prozess der Kündigung in der Schweiz souverän und informiert bewältigen kannst. Denn wer gut vorbereitet ist, kann nicht nur finanzielle Einbussen vermeiden, sondern auch rechtliche Ansprüche effektiv durchsetzen.


Grundlagen der Kündigung in der Schweiz: Prozess und Formvorschriften


Die Kündigung in der Schweiz ist ein formalisierter Prozess, der strengen Regeln des Obligationenrechts (OR) unterliegt. Unabhängig davon, ob du als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis beenden möchtest, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um die Wirksamkeit der Beendigung zu gewährleisten. Das Schweizer Arbeitsrecht ist grundsätzlich vom Grundsatz der Kündigungsfreiheit geprägt, schränkt diese jedoch durch Schutzbestimmungen und Fristen ein, um Willkür zu verhindern und faire Bedingungen für beide Seiten sicherzustellen.


Ordentliche Kündigung: Form und Fristen


Eine ordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt unter Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich festgelegten Fristen. Gemäss Art. 335c OR muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Zwar wird eine mündliche Kündigung in der Praxis häufig als nichtig angesehen, doch die Schriftform gilt als unabdingbar für die Rechtssicherheit. Sie schafft Klarheit über den Kündigungszeitpunkt und dient als Beweismittel bei späteren Streitigkeiten. Eine Begründung der Kündigung ist grundsätzlich nicht erforderlich, solange keine Sperrfristen verletzt werden.


Die gesetzlichen Kündigungsfristen richten sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses:


  • Erstes Dienstjahr: Ein Monat Kündigungsfrist. Es ist wichtig zu wissen, wie lange die Kündigungsfristen im ersten Dienstjahr sind. Hier gilt die gesetzliche Mindestfrist von einem Monat, sofern der Vertrag nichts anderes vorsieht.

  • Zweites bis neuntes Dienstjahr: Zwei Monate Kündigungsfrist.

  • Zehntes Dienstjahr und mehr: Drei Monate Kündigungsfrist.


Arbeitsverträge oder Gesamtarbeitsverträge (GAV) können längere Fristen vorsehen, wobei die Frist für den Arbeitgeber niemals kürzer sein darf als jene für den Arbeitnehmer. Eine Kündigung, die unter Verletzung dieser Kündigungsschutz-Fristen ausgesprochen wird, ist erst auf das Ende der korrekten Frist wirksam. Diese Regelung schützt dich als Arbeitnehmer davor, dass dein Arbeitgeber dich mit unangemessen kurzen Fristen vor vollendete Tatsachen stellt.


Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Kündigung jeweils auf das Ende eines Monats oder auf einen durch Vertrag oder Ortsgebrauch festgelegten Endtermin (z. B. Quartalsende) ausgesprochen werden muss. Wenn du also beispielsweise am 15. eines Monats kündigst und die Kündigungsfrist einen Monat beträgt, endet dein Arbeitsverhältnis nicht am 15. des Folgemonats, sondern erst am Ende dieses Monats.


Änderungskündigung vs. Freistellung


Bei der Kündigung in der Schweiz muss strikt zwischen einer reinen Aufhebungsabsicht und Versuchen, die Konditionen des Vertrags einseitig zu ändern, unterschieden werden. Eine Änderungskündigung liegt vor, wenn dein Arbeitgeber dir unter Androhung einer Kündigung neue Konditionen – etwa einen tieferen Lohn oder geänderte Arbeitszeiten – vorschlägt und dich auffordert, unter diesen neuen Bedingungen weiterzuarbeiten. Rechtlich wird dies als eine Kündigung zum aktuellen Zeitpunkt kombiniert mit einem Angebot für einen neuen Vertrag betrachtet. Lehnst du die neuen Bedingungen ab, gilt die ursprüngliche Kündigung, und das Arbeitsverhältnis endet gemäss den regulären Kündigungsfristen.


Die Freistellung (oder bedingte Freistellung) ist eine gütliche Auflösung, bei der dein Arbeitgeber dich von der Pflicht zur Arbeitsleistung entbindet, während das Arbeitsverhältnis bis zum regulären Ende der Kündigungsfrist formal weiterbesteht und du weiterhin vergütet wirst. Diese Praxis reduziert die Konfrontation und ermöglicht es dir, dich voll auf die Stellensuche zu konzentrieren, ohne weiterhin im Betrieb anwesend sein zu müssen. Wichtig zu verstehen ist jedoch, dass sich das eigentliche Beendigungsdatum dadurch nicht ändert – dein Arbeitsverhältnis läuft formal bis zum vereinbarten Kündigungstermin weiter.


Fristlose Kündigung: Wann ist sie legitim?


Die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag ohne Einhaltung der Fristen zu beenden, ist im OR (Art. 337 OR) stark eingeschränkt und nur bei einem wichtigen Grund erlaubt. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dir die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter den vereinbarten Bedingungen nicht mehr zugemutet werden kann. Kannst du also fristlos kündigen? Ja, aber nur, wenn die Schwelle des wichtigen Grundes erreicht ist – und diese Hürde liegt hoch.


Typische Beispiele für wichtige Gründe sind:


1. Schwere Pflichtverletzungen wie Diebstahl, Betrug oder arglistige Täuschung.


2. Wiederholte und unentschuldigte Absenzen.


3. Schwere Ehrverletzung gegenüber dem Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen.


4. Sexuelle Belästigung oder Diskriminierung am Arbeitsplatz.


5. Gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen, die vom Arbeitgeber nicht behoben werden.


Die fristlose Kündigung muss unverzüglich nach Kenntnis des wichtigen Grundes erfolgen. Erfolgt die Mitteilung verspätet, kann dies die spätere Berufung auf diesen Grund verwirken. Wenn du fristlos kündigst oder gekündigt wirst, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, hast du Anspruch auf Schadenersatz. Umgekehrt kann dir bei einer ungerechtfertigten fristlosen Eigenkündigung eine Entschädigung auferlegt werden.


Ein Praxisbeispiel verdeutlicht die Tragweite: Ein Verkaufsleiter in einem Zürcher Modegeschäft wurde fristlos entlassen, nachdem er angeblich vertrauliche Kundendaten an einen Konkurrenten weitergegeben hatte. Nach juristischer Prüfung stellte sich jedoch heraus, dass keine Beweise für diesen Vorwurf vorlagen. Das Arbeitsgericht entschied, dass kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung bestand, und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung von vier Monatslöhnen sowie zur Nachzahlung des Lohns für die gesamte ordentliche Kündigungsfrist. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Prüfung der Kündigungsgründe ist.


Nun, da die formalen Beendigungsregeln klar sind, ist es essenziell, die Schutzmechanismen zu verstehen, die während der Kündigungsperiode greifen und dich vor unfairen Entlassungen bewahren.


Kündigungsschutz bei Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft


Der Kündigungsschutz in der Schweiz ist ein zentrales Element zum Schutz von Arbeitnehmern und verhindert die willkürliche Entlassung, insbesondere wenn gesundheitliche oder familiäre Umstände vorliegen. Dieser Schutz ist zeitlich befristet und gilt nur während bestimmter Perioden, die im Gesetz genau definiert sind. Wenn du in einer solchen Schutzphase bist, kann dein Arbeitgeber zwar eine Kündigung aussprechen, diese wird jedoch erst nach Ablauf der Sperrfrist wirksam.


Sperrfristen nach Art. 336c OR


Die gesetzlich definierten Sperrfristen verhindern, dass eine Kündigung wirksam wird, wenn du unverschuldet durch Krankheit, Unfall, gesetzlich anerkannte Übung (wie Schwangerschaft oder Mutterschaft) oder obligatorischen Militärdienst arbeitsunfähig bist. Die Kündigungsfrist wird während dieser Zeit stillgelegt und beginnt erst nach Wegfall des Hinderungsgrundes neu zu laufen.


Die Dauer der Sperrfristen hängt von der Dauer deines Arbeitsverhältnisses ab:


  • 1. Dienstjahr: 30 Tage Sperrfrist nach erzwungener Abwesenheit.

  • 2. bis 5. Dienstjahr: 90 Tage Sperrfrist.

  • Ab dem 6. Dienstjahr: 180 Tage Sperrfrist.


Wird dir gekündigt, bevor du erkrankst, oder während einer bereits laufenden Krankheit, wird die Frist gemäss dieser Tabelle gestoppt. Wichtig ist zu verstehen, dass die Sperrfrist nicht bedeutet, dass die Kündigung unwirksam wird – sie verschiebt lediglich den Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis endet.


Weitere Sperrfristen gelten während:


  • Der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft.

  • Der Teilnahme an Hilfsdiensten, die im Rahmen einer gesetzlich vorgeschriebenen Dienstleistung erbracht werden (z. B. Militärdienst, Zivilschutz).


Sofort-Check: Kündigungsschutz bei Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses


Was passiert mit der Kündigung bei Krankheit? Wenn dir eine ordentliche Kündigung vor dem Eintritt deiner Krankheit ausgesprochen wurde, läuft die Frist normal weiter, solange sie nicht in die Sperrfrist fällt. Fällt die Kündigungsfrist jedoch in die Sperrfrist, wird sie angehalten. Sollte deine Krankheit während der laufenden Kündigungsfrist eintreten, wird die Frist gestoppt, bis du genesen bist, oder bis die maximale Sperrfrist erreicht ist.


Checkliste bei Krankheit/Unfall während Kündigungsfrist:


1. Datum der Arbeitsunfähigkeit dokumentieren: Hole sofort ein ärztliches Zeugnis ein, das den Beginn und die voraussichtliche Dauer deiner Arbeitsunfähigkeit bestätigt.


2. Kündigungsdatum prüfen: Liegt die Kündigung vor oder nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit?


3. Anwendbare Sperrfrist bestimmen: Gemäss deinen Dienstjahren (30, 90 oder 180 Tage).


4. Wirksamkeitsdatum neu berechnen: Die Kündigung wird erst wirksam, wenn die Kündigungsfrist nach Ablauf der Sperrfrist beendet ist.


5. Arbeitgeber unverzüglich informieren: Teile deinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer mit, um Missverständnisse zu vermeiden.


Ein konkretes Beispiel aus der Praxis: Eine Sachbearbeiterin in einem Versicherungsunternehmen in Basel erhielt am 15. März eine ordentliche Kündigung mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist zum 31. Mai. Am 10. April erlitt sie einen Unfall und war für 60 Tage arbeitsunfähig. Da sie sich im dritten Dienstjahr befand, galt eine Sperrfrist von 90 Tagen. Die Kündigungsfrist wurde am 10. April gestoppt und lief erst ab dem 10. Juni (nach Ende der Arbeitsunfähigkeit) weiter. Das Arbeitsverhältnis endete somit nicht am 31. Mai, sondern erst am 10. August – zwei Monate nach Wiederaufnahme der Kündigungsfrist.


Dieser Schutz gilt jedoch nicht bei fristloser Kündigung, da diese sich auf einen wichtigen, meist nicht gesundheitsbezogenen Grund stützt. Ebenso geniessen Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft sowie während 16 Wochen nach der Geburt den Mutterschaftsschutz, der ebenfalls durch Sperrfristen abgesichert ist. Eine Kündigung, die während dieser Zeit ausgesprochen wird, ist nichtig und hat keine rechtliche Wirkung.


Der nächste Schritt nach der rechtsgültigen Beendigung deines Arbeitsverhältnisses ist die Sicherstellung deiner finanziellen Absicherung durch das Arbeitslosenwesen – ein Schritt, den du keinesfalls versäumen darfst.


Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung (RAV)


Der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach Kündigung ist an die Einhaltung strenger administrativer Fristen gebunden. Wenn du deinen Arbeitsplatz verlierst – sei es durch ordentliche Kündigung oder durch Stellenverlust – musst du dich umgehend beim zuständigen Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) kümmern. Die Anmeldung beim RAV ist nicht nur eine administrative Formalität, sondern eine zwingende Voraussetzung, um Anspruch auf Arbeitslosentaggelder zu haben.


Kritische Frist und notwendige Schritte


Die wichtigste Regel für den Bezug von Arbeitslosenentschädigung ist die 3-Tage-Regel. Du musst dich spätestens am ersten Tag deiner Arbeitslosigkeit persönlich beim RAV melden, oder innerhalb von drei Arbeitstagen, wenn die Arbeitslosigkeit erst später eintritt und dies durch Gründe, die nicht selbst verschuldet sind, dokumentiert werden kann. Bei verspäteter Meldung drohen dir empfindliche Kürzungen der Taggelder – je nach Verspätung können dir mehrere Tage oder sogar Wochen an Leistungen verloren gehen.


Ablauf der RAV-Anmeldung (Schritt-für-Schritt):


1. Vorabmeldung: Idealerweise solltest du dich bereits vor deinem offiziellen Austrittstag beim RAV melden, insbesondere wenn die Kündigungsfrist kurz ist. Viele RAV-Stellen bieten Online-Voranmeldungen an, die den Prozess beschleunigen.


2. Persönliche Meldung: Am ersten Tag deiner Arbeitslosigkeit musst du beim zuständigen RAV persönlich vorsprechen. Informiere dich im Vorfeld über die Öffnungszeiten und vereinbare gegebenenfalls einen Termin.


3. Unterlagen zusammenstellen: Die folgenden Dokumente sind für die erste Anmeldung zwingend erforderlich: Amtlicher Ausweis, Arbeitserlaubnis (falls zutreffend), Arbeitszeugnisse deiner letzten Arbeitgeber, Kündigungsschreiben, und – falls bereits erhalten – die Unterlagen zur provisorischen Arbeitslosenversicherung.


4. Rahmenfrist festlegen: Das RAV kontaktiert die Arbeitslosenkasse (ALV-Anmeldung), welche die Berechnungsdokumente ausstellt. Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug beträgt in der Regel zwei Jahre, innerhalb derer du mindestens zwölf Monate Beitragszeit nachweisen musst.


5. Erstgespräch und Bewerbungsnachweis: Beim Erstgespräch besprichst du mit deinem Berater deine berufliche Situation und legst eine Bewerbungsstrategie fest. Du verpflichtest dich, aktiv nach Arbeit zu suchen und monatlich eine bestimmte Anzahl an Bewerbungen nachzuweisen (in der Regel zwischen 8 und 12 Bewerbungen pro Monat).


Wartezeiten und selbstverschuldete Arbeitslosigkeit


Auch wenn die Meldung korrekt erfolgt, kann der Anspruch auf Taggelder eine Wartezeit beinhalten. Die Dauer der Wartezeit richtet sich nach den Gründen für die Beendigung deines Arbeitsverhältnisses und nach deiner persönlichen Situation (z. B. ob du unterhaltspflichtig bist oder nicht).


Wichtig ist die Unterscheidung zwischen unverschuldeter und selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit. Eine Kündigung durch deinen Arbeitgeber gilt grundsätzlich als unverschuldet. Wird das Arbeitsverhältnis hingegen von dir selbst gekündigt, droht dir eine Sanktion oder eine Karenzfrist (Wartezeit), in der kein Taggeld ausbezahlt wird.


  • Selbstverschulden: Bei einer Kündigung durch dich ohne triftigen Grund (d. h. ohne wichtigen Grund nach OR 337) oder bei Nichtantritt einer neuen Stelle kann eine Karenzfrist von 31 bis 90 Tagen verhängt werden. Diese Einstelltage bedeuten, dass dir während dieser Zeit keine Taggelder ausbezahlt werden, obwohl du arbeitslos gemeldet bist.

  • Unverschuldet: Bei einer ordentlichen Kündigung durch deinen Arbeitgeber oder bei begründeter Eigenkündigung (z. B. bei unzumutbaren Arbeitsbedingungen, Mobbing, gesundheitlichen Problemen oder erheblichen Vertragsverletzungen durch den Arbeitgeber) entfällt diese Karenzfrist in der Regel, und die Taggelder beginnen nach Ablauf der obligatorischen Wartezeit (die immer ein paar Tage dauert) zu fliessen.


Weitere Anforderungen des RAV


Um deinen Anspruch auf Arbeitslosentaggelder aufrechtzuerhalten, musst du die Vorschriften des RAV strikt befolgen:


  • Verfügbarkeit: Du musst jederzeit vermittelbar sein, das heisst, du darfst keine Ferien antreten, ohne dies vorher beim RAV zu melden und genehmigen zu lassen.

  • Bewerbungsnachweise: Du musst monatlich eine bestimmte Anzahl an Bewerbungen einreichen und diese dokumentieren. Fehlende oder ungenügende Bewerbungsbemühungen können zu Einstelltagen führen.

  • Teilnahme an Massnahmen: Das RAV kann dich zur Teilnahme an Beschäftigungsprogrammen, Weiterbildungen oder Bewerbungstrainings verpflichten. Eine Weigerung kann ebenfalls zu Sanktionen führen.

  • Meldepflicht: Du musst an allen vorgegebenen Terminen beim RAV erscheinen und über deine Stellensuche Bericht erstatten.


Ein konkretes Beispiel aus der Beratungspraxis: Ein Softwareentwickler in Genf kündigte seinen Job, um sich selbständig zu machen. Da er keine neue Anstellung hatte, meldete er sich beim RAV an. Aufgrund der selbstverschuldeten Arbeitslosigkeit verhängte das RAV eine Karenzfrist von 60 Tagen. Zusätzlich musste er nachweisen, dass er sich aktiv um eine neue Festanstellung bemühte, obwohl sein ursprüngliches Ziel die Selbständigkeit war. Hätte er sich nicht korrekt beim RAV gemeldet und die geforderten Bewerbungen nicht eingereicht, wären ihm weitere Einstelltage auferlegt worden.


Die korrekte Dokumentation der gesamten Kündigungshistorie ist daher nicht nur für rechtliche Auseinandersetzungen, sondern auch für deinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung essenziell. Bewahre alle Kündigungsschreiben, Arbeitszeugnisse und Korrespondenz sorgfältig auf, um bei Bedarf jederzeit Nachweise erbringen zu können.


Nachdem du nun weisst, wie du deine finanzielle Absicherung sicherstellst, ist es ebenso wichtig zu verstehen, welche rechtlichen Möglichkeiten dir zur Verfügung stehen, falls du eine Kündigung für unrechtmässig oder missbräuchlich hältst.


Rechtliche Anfechtungsmöglichkeiten und Schadensersatz


Wenn du oder dein Arbeitgeber vermutest, dass eine Kündigung rechtswidrig ausgesprochen wurde, bestehen Möglichkeiten zur Anfechtung oder zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen unter Berücksichtigung des Kündigungsschutzes. Diese Rechtsbehelfe sind im Obligationenrecht klar geregelt und bieten dir einen wichtigen Schutz vor unfairen Entlassungen.


Anfechtung missbräuchlicher Kündigungen


Eine Kündigung gilt als missbräuchlich, wenn sie nicht durch sachliche Gründe bedingt ist, sondern primär dazu dient, dich zu schikanieren oder dich aus diskriminierenden Motiven zu entlassen (Art. 336 OR spricht von missbräuchlichen Kündigungsgründen). Missbräuchlich sind Kündigungen, die beispielsweise in Verbindung mit der Geltendmachung von Ansprüchen, einer Betriebsratsarbeit, wegen Altersdiskriminierung, Geschlecht, Religion, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung oder politischer Überzeugung erfolgen.


Weitere Beispiele für missbräuchliche Kündigungsgründe:


  • Kündigung wegen der Ausübung eines verfassungsmässigen Rechts (z. B. Meinungsfreiheit).

  • Kündigung zur Vereitelung von Ansprüchen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis (z. B. kurz vor Fälligkeit eines Bonus).

  • Kündigung als Rache für eine berechtigte Beschwerde oder einen Whistleblowing-Vorfall.


Verfahren bei Missbräuchlichkeit:


1. Anfechtungserklärung: Du musst innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Kündigung schriftlich erklären, dass du die Kündigung anfechtest, da sie missbräuchlich sei. Diese Frist ist eine Verwirkungsfrist – versäumst du sie, verlierst du dein Anfechtungsrecht unwiderruflich.


2. Kündigung als gültig anerkennen: Trotz der Anfechtung läuft die Kündigungsfrist weiter, und dein Arbeitsverhältnis endet zum ursprünglich vorgesehenen Termin. Die Anfechtung zielt nicht darauf ab, die Kündigung rückgängig zu machen, sondern eine Entschädigung zu erlangen.


3. Klage: Wird die Anfechtung nicht anerkannt, musst du innerhalb von sechs Monaten beim zuständigen Zivilgericht Klage auf Entschädigung erheben. Auch diese Frist ist eine Verwirkungsfrist.


Die Höhe der Entschädigung wird vom Gericht festgesetzt und kann bis zu sechs Monatslöhne betragen, wobei die Gesamtumstände des Falles berücksichtigt werden – wie die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Schwere der Missbräuchlichkeit, deine persönliche Situation und die Auswirkungen der Kündigung auf deine berufliche Zukunft.


Ein Praxisfall verdeutlicht die Tragweite: Eine Marketingmanagerin bei einem Pharmaunternehmen in Zürich wurde entlassen, nachdem sie sich gegen diskriminierende Äusserungen ihres Vorgesetzten gewehrt hatte. Sie reichte innerhalb der Zweiwochenfrist eine schriftliche Anfechtung ein und konnte vor Gericht nachweisen, dass die Kündigung in direktem Zusammenhang mit ihrer Beschwerde stand. Das Gericht entschied, dass die Kündigung missbräuchlich war, und sprach ihr eine Entschädigung von fünf Monatslöhnen zu, was einer Zahlung von CHF 35'000 entsprach.


Schadensersatz bei Verletzung der Kündigungsform oder -frist


Wenn die Kündigung formal fehlerhaft ist – beispielsweise keine Schriftform eingehalten wurde – oder die Fristen grob verletzt wurden, können Schadensersatzansprüche entstehen. Ein Hauptfall hierfür ist die fristlose Kündigung ohne wichtigen Grund.


Im Falle einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung durch deinen Arbeitgeber hast du Anspruch auf eine Pönalentschädigung. Diese Entschädigung ist vertraglich oder, falls nicht vereinbart, gesetzlich auf sechs Monatslöhne begrenzt (Art. 337a OR). Dieses Recht dient als starker Schutzmechanismus gegen überstürzte Beendigungen und soll sicherstellen, dass fristlose Kündigungen nur in wirklich gravierenden Fällen ausgesprochen werden.


Darüber hinaus können weitere Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, wenn durch die unrechtmässige Kündigung ein tatsächlicher finanzieller Schaden entstanden ist – etwa wenn du aufgrund der überraschenden Kündigung eine bereits zugesagte neue Stelle nicht antreten konntest oder wenn deine berufliche Reputation durch die Art der Kündigung geschädigt wurde.


Fallbeispiel aus der Rechtspraxis: Ein mittelständisches IT-Unternehmen in Zürich kündigte einen Senior-Entwickler fristlos aufgrund angeblicher Insubordination. Der Entwickler hatte lediglich in einer Teambesprechung Bedenken gegen eine technische Entscheidung geäussert. Das Arbeitsgericht stellte fest, dass das Verhalten zwar rügfähig, aber kein wichtiger Grund im Sinne von Art. 337 OR war. Die Folge: Der Arbeitgeber musste dem Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe von fünf Monatslöhnen zusätzlich zum bereits ausbezahlten Lohn bezahlen, was einer Zahlung von CHF 65'000 entsprach, da die Kündigung formal nicht haltbar war.


Weitere Beispiele für Schadenersatzansprüche:


  • Verletzung der Kündigungsfrist: Wenn dein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis früher beendet, als es die Kündigungsfrist vorsieht, hast du Anspruch auf den Lohn für die gesamte Kündigungsfrist.

  • Nichteinhaltung der Sperrfristen: Wird dir während einer Sperrfrist gekündigt und das Arbeitsverhältnis nicht korrekt verlängert, kannst du Schadenersatz für den entgangenen Lohn fordern.

  • Verstösse gegen die Informations- und Konsultationspflichten: In Betrieben mit Personalvertretung oder bei Massenentlassungen müssen bestimmte Verfahren eingehalten werden. Verstösse können zu Schadenersatzansprüchen führen.


Rechtsschutzversicherungen decken in vielen Fällen die Kosten für arbeitsrechtliche Streitigkeiten ab. Falls du eine solche Versicherung hast, solltest du umgehend prüfen, ob sie die Kosten für einen Anwalt übernimmt. Auch Gewerkschaften bieten ihren Mitgliedern oft kostenlose oder vergünstigte Rechtsberatung an.


Diese Beispiele unterstreichen, wie wichtig es ist, die Kündigung in der Schweiz rechtssicher zu handhaben, um kostspielige Folgen zu vermeiden. Als Arbeitnehmer solltest du deine Rechte kennen und bei Zweifeln frühzeitig rechtliche Beratung einholen. Als Arbeitgeber musst du sicherstellen, dass alle formalen und inhaltlichen Anforderungen erfüllt sind, bevor du eine Kündigung aussprichst.


Rechtssicherheit und finanzielle Absicherung nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses


Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in der Schweiz erfordert strikte Einhaltung formaler und zeitlicher Vorgaben des Obligationenrechts, von der notwendigen Schriftform über die gestaffelten Kündigungsfristen bis hin zur Unterscheidung zwischen ordentlicher Kündigung und fristloser Beendigung bei wichtigem Grund. Der entscheidende Schutzmechanismus für dich als Arbeitnehmer sind die Sperrfristen bei Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft, die eine Kündigung während Phasen der Arbeitsunfähigkeit stilllegen und dir zusätzliche Zeit verschaffen.


Parallel zur korrekten Durchführung der Trennung ist die fristgerechte Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung (RAV) kritisch, wobei selbstverschuldete Arbeitslosigkeit empfindliche Karenzfristen nach sich ziehen kann. Versäume nicht die 3-Tage-Frist und stelle sicher, dass du alle erforderlichen Unterlagen vollständig und korrekt einreichst. Letztlich sichern die Anfechtungsmöglichkeiten wegen Missbräuchlichkeit oder Schadensersatzansprüche bei formalen Fehlern die Rechtssicherheit für beide Parteien und gewährleisten, dass unfaire oder rechtswidrige Kündigungen nicht ohne Konsequenzen bleiben.


Wer die Schweizer Kündigungsbestimmungen – von den Fristen bis zu den Schutzmechanismen und administrativen Pflichten – meistert, minimiert rechtliche Risiken und stellt die finanzielle Übergangsabsicherung sicher. Angesichts der weitreichenden Konsequenzen bei Fehlern ist ein proaktives und dokumentiertes Vorgehen bei jeder Vertragsbeendigung unerlässlich.


Blick in die Zukunft: Kündigungen im Wandel der Arbeitswelt


Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Flexible Arbeitsmodelle, Remote-Arbeit und projektbasierte Beschäftigungsverhältnisse gewinnen zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklungen stellen das traditionelle Kündigungsrecht vor neue Herausforderungen. Während das Obligationenrecht seit Jahrzehnten als solide Grundlage dient, entstehen neue Grauzonen – etwa bei der Frage, wie Kündigungen bei internationalen Remote-Mitarbeitern rechtlich einzuordnen sind oder welche Rechte Arbeitnehmer in hybriden Vertragsformen haben.


In den kommenden Jahren dürften Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermehrt auf klar definierte Vertragsklauseln und digitale Dokumentationslösungen setzen, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Blockchain-basierte Arbeitsverträge, automatisierte Kündigungsprozesse und KI-gestützte Rechtsberatungstools könnten den Umgang mit Kündigungen revolutionieren und beiden Parteien mehr Transparenz und Sicherheit bieten.


Die zentrale Frage bleibt jedoch: Wie wirst du dich in dieser sich wandelnden Landschaft positionieren? Ob als Arbeitnehmer, der proaktiv seine Rechte kennt und durchsetzt, oder als Arbeitgeber, der faire und rechtskonforme Prozesse implementiert – die Fähigkeit, Kündigungen rechtssicher zu handhaben, wird auch in Zukunft ein entscheidender Erfolgsfaktor sein. Bist du bereit, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um im Fall einer Kündigung souverän und informiert zu handeln?


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